An dieser Stelle gebe ich Ihnen Anregungen zum Lesen. Vielleicht finden Sie die eine oder andere für Sie passende Lektüre.
Maria G. Baier-D’Orazio, Vom Vergnügen älter zu werden: Fit, frech, fröhlich, frei das Leben genießen, Silberschnur-Verlag, 2016
Außergewöhnliche Geschichten von außergewöhnlich alten Menschen. Mit 91 Jahren auf den Fujiyama, mit 102 Jahren Geschäftsfrau, mit 85 Jahren abseilen aus höchsten Höhen, mit 79 Jahren Model, mit 98 Jahren aktiver Artist mit Seilakten … Davon berichtet Maria G. Baier-D’Orazio. Ausnahmeerscheinungen? Ja! ABER. Die Autorin betont immer wieder, dass sie mit diesen außergewöhnlichen Geschichten deutlich machen will, dass Alter nicht zwangsläufig Abbau und Verengung des Aktionsradius bedeuten muss. „Stellen wir unser Denken zum Alter auf den Kopf“ lautet ihre Aufforderung. Denn es sind nicht zuletzt alte, negative Vorstellungen vom Alter, die in uns, meist unbewusst, eine negative Erwartungshaltung erzeugen – die dann leider allzu oft auch eintritt. Die hier erzählten Geschichten regen tatsächlich an, sich ganz neue Gedanken zum Alter zu machen und alte über Bord zu werfen. Auch wenn wir mit 91 Jahren nicht den Fujiyama besteigen, dahin vegetieren müssen wir aber auch nicht zwangsläufig. Von alleine geschieht das freilich nicht: Wille und Ausdauer sind unerlässlich. Auch Kreativität, Neugier, Kontakte, Engagement für andere gilt es zu kultivieren, um das Leben im Alter – gegebenfalls vom Rollstuhl aus – genießen zu können.
Ja, und dann noch ein Thema für uns Frauen: Schönheit. „Ein Leben, das intensiv und voller Freude gelebt wird, macht schön und jung“, so die Botschaft. Wache Augen, ein lebendiges Gesicht (was übrigens mit Botox und Co. kaputt gemacht wird), sich und das Leben mögen, das macht schön. So kann die Magie des Selbstbewusstseins Schönheit entfalten – auch mit Falten. Dieses Buch ist eine Bereicherung, es fordert uns auf, Alter ganz neu zu denken. Das geht nicht von heute auf morgen, doch begeben wir uns hinein in diesen neuartigen Prozess – mit starkem Willen, Ausdauer, Kreativität und Neugierde. Viel Vergnügen!
Christiane Hastrich, Barbara Lueg, Statt einsam gemeinsam – Wie wir im Alter leben wollen, Eisele-Verlag, 2021
Christiane Hastrich und Barbara Lueg, beide Ende fünfzig, stellen sich die Frage, wie wir im Alter leben wollen. Es handelt sich dabei nicht um eine theoretische Abhandlung, sondern um im Selbstversuch getestete Möglichkeiten, ergänzt durch Gespräche, die die Autorinnen mit Menschen in der jeweiligen Wohnsituation führten. Und dazu gehören: die Alters-WG, das Tinyhouse, die Bauernhof-WG, der Campingplatz, das Ausland wie das Ökodorf in der Schweiz oder das auf Ruheständler ausgerichtete Resort in Thailand, das beruflich sich neu Erfinden, das Mehrgenerationenhaus, die Seniorenresidenz.
Jede dieser Wohn- bzw. Lebensmöglichkeit fürs Alter wird mit ihren Vorteilen und Nachteilen skizziert, “Erkenntnisse des Tages” in wenigen, mitunter ironischen Zeilen runden diese Beschreibungen ab. Und die Menschen, die sich für die jeweilige Wohnsituation entschieden haben, kommen zu Wort, erläutern ihrerseits Vor- und Nachteile und die Gründe, sich für diese Wohnform im Alter entschieden zu haben.
Besonders hervorzuheben ist der praxisbezogene Aspekt. Die Leser/innen erfahren in einem dem einzelnen Kapitel angeschlossenen und übersichtlichen “Faktencheck” nützliche Dinge zur jeweiligen Wohnform, allem voran: “Was kostet das Ganze?”
Das spritzig geschriebene Buch gibt einen guten Überblick über verschiedene Wohnmöglichkeiten im Alter, allesamt getragen von der Idee, nicht alleine zu leben. Auch ein Leben im Tinyhouse bedeutet keineswegs solitäres Dasein, sondern das Eingebundensein in eine Ansiedlung von Tinyhäusern. Der Subtext all dieser Schilderungen transportiert die Erkenntnis, dass wir in einer Gesellschaft leben, die das Alter neu definiert, was sich nicht zuletzt in diesen ganz unterschiedlichen Wohnmöglichkeiten widerspiegelt.
Wichtig ist, sich rechtzeitig mit diesen Fragen für den dritten oder vierten – je nachdem wie man es sehen möchte – Lebensabschnitt auseinanderzusetzen. “Statt einsam gemeinsam” kann ein Anstoß für solche Überlegungen sein.
Die fitten Jahre sind vorbei, Uns doch egal, Eulenspiegelverlag, 2022
Dieses kleine Büchlein mit 126 Seiten birgt vierzehn kleine, aber feine Geschichten zum Thema Älterwerden. Eine jede davon – und jede auf ihre ganz eigene Weise – kreist mit prickelnder Ironie um diesen Lebensabschnitt und den damit verbundenen Anforderungen, Malaisen, Vorsätzen und skizziert Situationen, in denen man sich als Älterwerdende und Älterwerdender mitunter wiederfindet. Und auch wir können uns in den kleinen Geschichten, allesamt geschrieben mit Augenzwinkern, wiederfinden.
Prof. Dr. med. Bernd Kleine-Gunk, Jung bleiben ist Kopfsache, Erstaunliche Fakten aus der Altersforschung, Gräfe und Unzer Verlag, 2022
Hier betrachtet ein Mediziner die Prozesse beim Ältewerden auf biochemischer und zellulärer Ebene und gibt bemerkenswerte Einblicke. Was ist unvermeidlich, wenn wir älter werden? Was lässt sich auch noch im Alter verbessern und vor allem womit? Interessant ist auch die Auseinandersetzung mit der Epigenetik, wonach Lebensstil und Umweltbedingungen unsere Gene beeinflussen können, wir also nicht ausschließlich Sklaven unserer Gene sind. Außerdem zeigt er auf, welche positiven Eigenschaften wir im Alter ausbilden. Und schließlich verlangt m. E. ein vom Autor angesprochener Aspekt besondere Aufmerksamkeit: die sich selbst erfüllende Prophezeiung. „Denn was wir denken, beeinflusst unser Handeln. Und durch unser Handeln schaffen wir unsere Wirklichkeit. Der Kopf geht voran, der Körper folgt.“ S. 220 In diesem Sinne ist im Grunde alles Kopfsache – eben auch das Jung bleiben.
Patricia Clough, Vom Vergnügen eine ältere Frau zu sein, btb Verlag, 2014
Eine Darstellung von neuen Lebensentwürfen von Frauen in fortgeschrittenem Alter, ohne „chichi“ und „alles toll Gehabe“, sondern aufrichtig. Sicherlich ist es nicht allen Frauen vergönnt, sich in diesem Alter nochmal neu zu erfinden, oft stehen dem Krankheit oder auch materielle Einschränkungen im Weg. Aber die Autorin zeigt, dass es möglich ist, auch in höherem Alter Neues zu entdecken.
„Die ehemalige Times-Korrespondentin Patricia Clough wehrt sich gegen die spießigen Vorstellungen vom Alter“. Klappentext
Virginia Ironside, Nein! Ich will keinen Seniorenteller: Das Tagebuch der Marie Sharp, Goldmann-Verlag, 2007
Dieses erste von Marie Sharps vier Tagebüchern startet kurz vor ihrem 60. Geburtstag. Es ist eine Hommage ans Altwerden. Denn Marie Sharp hält überhaupt nichts von Selbstoptimierung, Fitnesstraining und dergleichen. Sie will alt sein. Das bringt Mühsal mit sich, aber auch Freude – nämlich darüber einfach alt sein zu dürfen. Allerdings, und das ist die wichtige Botschaft, jenseits aller konventionellen Vorstellungen vom Alter. Dabei entdeckt sie jede Menge Neues. Etwa die Liebe zu ihrem frischg geborenen Enkel, sie ist richtiggehend in ihn verliebt. Apropos Liebe, Marie Sharp hat angesichts ihres nunmehr erreichten Alters den festen Entschluss gefasst, auf Sex zu verzichten. Hält sie das durch? Lesen Sie selbst. Auch das Thema Tod bleibt nicht ausgespart, denn einer ihrer besten Freunde stirbt. Sie schreibt über seine Krankheit und seinen Tod mit Ernst und Nachdenklichkeit, jedoch ohne trübsinnigen Abgründe. Der Tod gehört einfach zum Leben.
Dieses flott geschriebene Buch liest sich leicht, ohne dabei oberflächlich zu sein. Ich werde bestimmt auch die anderen drei Tagebücher der Marie Sharp lesen.